Wer unsere TPE Videos (Teil 1, Teil 2) gesehen hat, weiß, dass ich ein Freund davon bin, Landschaftsfotografie so gut es geht im Voraus zu planen Insbesondere dort, wo ich die Location nicht vorher erkunden kann, will ich vorbereitet sein so gut es geht. So auch vor ein paar Tagen in Lissabon.
Ich hatte schon zwei Nächte vor Ort hinter mir und konnte somit einigermaßen einschätzen, von wo aus man möglicherweise ein nettes Foto vom Sonnenuntergang machen kann. Ich entschied mich einmal die der Stadt abgewandte Seite des Flusses Tejo zu besuchen. Lissabon liegt kurz vor dessen Mündung in den Atlantik, dementsprechend breit ist der Strom hier und es gibt eine sehr fotogene Brücke, die Ponte 25 de Abril, die wie eine kleinere (aber immer noch riesige) Version der Golden Gate Bridge in San Francisco wirkt. Außerdem gibt’s dort auch eine kleinere (aber immer noch riesige) Version des Jesus Monuments, das man aus Rio de Janeiro kennt: die Santuario Nacional de Christo Rei. Auf deren Sockel gibt es eine Aussichtsplattform in 82m Höhe und mein Gedanke war natürlich sofort: von dort oben kann man sicher ein super Foto machen über den Fluss hinweg auf die Brücke mit der untergehenden Sonne im Hintergrund. Müsste zumindest so ungefähr hinkommen, dachte ich. Klang nach einem Plan! Also TPE angeschmissen und gecheckt:
Wie man sieht, stellt sich raus: stimmt nicht. Wenn man auf der Aussichtsplattform steht, wird die Sonne nicht über dem Fluß hinter der Brücke untergehen, sondern links daneben! Das hatte ich so nicht erwartet, dachte ich hier zum ersten mal. Aber gut, dass ich das vorher geprüft hatte, sonst hätte ich da oben gestanden (Eintritt bezahlt) und mich möglicherweise geärgert. Ich entschied mich also, nicht ganz bis zum Aussichtspunkt zu gehen, sondern stattdessen ca. 1,5km vorher nach einem guten Spot am Ufer zu suchen. Die wahrscheinliche Nähe zum Wasser veranlasste mich dann zudem, das Stativ und meine Graufilter mitzuschleppen. Nachdem ich mit der Fähre übergesetzt hatte, schaute ich mich dann auch direkt um. Schnell war klar, dass die Gegend sehr nett ist. Zum Glück hatte ich meine eigenen Ratschläge befolgt und genug Zeit mitgebracht, so dass ich hier und dort schon mal loslegte:
Um aber das Bild vom Sonnenuntergang zu schießen, das ich eigentlich im Kopf hatte, brauchte ich einen flachen Zugang zum Wasser, möglichst mit ein paar Steinen im Vordergrund. Das war gar nicht so einfach, denn die Uferlinie war fast komplett mit betonierten Stegen gesäumt. So kamen letztendlich nur sehr wenige Stellen in Frage. Kleinere und größere Kieselsteine umspült von Wasser in einer Langzeitbelichtung sehen immer hervorragend aus, und so entschied ich mich nach ein paar Testshots für diese Stelle, die eigentlich auch nach allem bisher gesehenen alternativlos war:
Geil, dachte ich. Spot gefunden. Da aber noch eine gute Stunde blieb bis zur “kritischen” Phase, beschloss ich noch ein wenig die Umgebung zu erkunden. Ich staunte nicht schlecht, denn als ich wieder zurückkehrte, hatte die Flut zugeschlagen und das Wasser hatte sich meinen schönen Kieselsteinvordergrund einverleibt. Das hatte ich so nicht erwartet, dachte ich zum zweiten mal. Gleicher Standort wie eben (gut zu erkennen anhand des größeren Brockens im Wasser), nur eine Stunde später:
Die Zeit drängte jetzt aber schon ein wenig, und die gewünschten Kieselsteine waren weit und breit nicht (mehr) in Sicht. Es musste also schnell eine alternative Location her. Die fand ich dann ein paar Meter weiter, leider nur noch mit weniger und größeren Steinen im Vordergrund. Dort ließ ich mich nieder, öffnete ich das obligatorische Fotobier und harrte der Dinge, die da kamen. Das Resultat überzeugte dann trotz neuem Standort:
Wie immer wartete ich aber noch ein Weilchen, um auch noch das eine oder andere Bild ohne die Sonne direkt zu machen und trat dann den Rückweg zur Fähre an, ohne zu ahnen, dass ich das Bild des Tages noch nicht geschossen hatte. Plötzlich bot sich ein Motiv, mit dem ich nicht zu rechnen gewesen war. Der geneigte Leser wird den Sessel im folgenden Bild bereits vom Anfang dieses Blogposts wieder erkennen. Ich hatte ihn auf dem Hinweg schon als Motiv wahrgenommen, aber so wie ihn jetzt jemand ans Wasser gestellt hatte, sah es einfach genial aus! Ich entschloss mich direkt dem ganzen durch eine weitere Langzeitbelichtung quasi noch die Skurilitätskrone aufzusetzen und baute fix noch einmal das Stativ auf. Zack:
Man könnte sich jetzt vielleicht noch ärgern, dass man dieses Bild nicht während des Sonnenuntergangs gemacht hat, aber das wär schon meckern auf hohem Niveau. Die unwirkliche Stimmung kommt ohne vielleicht sogar noch besser rüber. Das Lustige an der ganzen Sache ist überhaupt: im Nachhinein starre ich dieses Bild weitaus öfter und länger an, als das Bild des Sonnenuntergangs hinter der Brücke, für das ich mich ursprünglich eigentlich auf den Weg gemacht hatte. Das hatte ich so nicht erwartet!