Schritt 1: Wo?
Ort des Geschehens ist diesmal ein weißer IKEA Tisch. Es tut aber auch jeder andere dezente Untergrund. Er sollte nur groß genug sein und möglichst unauffällig, schließlich soll die Aufmerksamkeit des Betachters später beim fotografierten Objekt landen. Es muss nicht mal ein Tisch sein, der Fußboden kann genauso gut funktionieren. Die spätere Nachbearbeitung wird jedoch deutlich einfacher, wenn ihr zumindest etwas weißes nehmt. Wer eine andere Farbe bevorzugt, kann die später immer noch nachträglich einarbeiten. Abgesehen davno sollte es möglichst sauber sein. Kleinigkeiten kann man später zwar noch gut entfernen, aber wenn es zu viel wird, nervt es einfach. Also im Zweifel: putzen! Wie bereits im ersten Teil thematisiert, eignen sich Orte mit viel natürlichem und indirektem Tageslicht am besten und zusätzliche Lichtquellen mit anderen Farben sollten möglichst ausgeschlossen werden. Die Kamera sollte dieses Tageslicht möglichst im Rücken haben, ohne dabei aber selbst einen Schatten auf die Objekte zu werfen.
Schritt 2: Welches Objektiv?
Auch ein Produktfoto ist in allererster Linie ein Portrait und verlangt somit Portraitbrennweiten. Das ist aber unter Umständen gar nicht so leicht, je nach Größe der zu fotografierenden Objekte und des zur Verfügung stehenden Hintergrunds. Die Fotos für diesen Beitrag wurden auf einem 118 x 78 cm IKEA Lack Couchtisch gemacht. Die Objekte waren ca. 30 bis 50 cm lang. Am Ende habe ich die meisten Bilder mit ca 40-55mm Brennweite aus ca. 1m Abstand gemacht mit einem Canon 24-70mm f/2.8 L Objektiv. Da in der Produktfotografie nichts wegrennt und man lange belichten kann, macht aber auch jede Kit-Linse grundsätzlich schon einen guten Job. Ein Stativ ist aber mehr oder weniger Pflicht.
Schritt 3: Welche Kameraeinstellungen?
Da ihr es in der Regel mit ruhenden Objekten zu tun habt und eine gute Bildqualität erzielen wollt, spricht nichts dagegen, den ISO Wert sehr niedrig anzusetzen. Also ruhig ISO100 benutzen. Was die Blende angeht, kommt es hier ganz auf den gewünschten Effekt an. Eine weit offene Blende kann genauso Sinn machen, wie eine stark geschlossene.
Beide Varianten haben ihre Berechtigung. Während das Bild links mit f/4 entstanden ist, bin ich rechts bis f/16 gegangen. Weiter schließen sollte man die Blende bei den meisten Objektiven nicht, da dann oftmals Beugungsunschärfen auftreten, worunter die Bildqualität leiden kann. Das probiert ihr aber am besten mal mit euren eigenen Objektiven aus. Wenn die gewünschten Objekte zu groß sind und ihr nicht genug Abstand gewinnen könnt, müsst ihr unter Umständen die Blende so weit zumachen, wie es geht, falls ihr eine komplett scharfe Abbildung erreichen wollt.
Schritt 4: Abdrücken!
Hier gibts eigentlich nicht viel zu sagen, außer: benutzt nach Möglichkeit ein Stativ und nehmt euch Zeit die Objekte der Begierde sorgfältig herzurichten und das Bild zu komponieren. Außer der Oberfläche und den Produkten selbst, sollte nichts zu sehen sein. Das erleichtert die Nachbearbeitung.
Schritt 5: Nachbearbeitung
Selbst wenn ihr einen Raum gefunden habt, in den viel Licht fällt, werden eure Bilder zunächst etwas farblos und flau wirken verglichen zu dem, was man sonst von professionellen Produktfotos kennt. Die automatische Tonwertkorrektur von Lightroom macht hier aber in fast allen Fällen schon mal einen ausreichend guten Job. Falls nicht, müsst ihr selbst an Belichtung, Kontrast, Lichtern, Tiefen, Weiß und Schwarz ein wenig rumexperimentieren. Insbesondere beim Kontrast und der Sättigung könnt ihr den Regler gerne noch einen Tick weiter nach rechts ziehen, als ihr das normalerweise tun würdet. Das kann am Ende etwas künstlich wirken, ist aber auch das, was man mittlerweile in der Produktfotografie gewohnt ist (wenn ihr das nächste mal Fastfood essen geht, legt mal einen Burger neben das offizielle Bild dieses Burgers, dann wisst ihr, was ich meine). Dann gehts weiter mit dem Weißabgleich. Maßstab hier ist das weiß des Untergrunds. Ich empfehle auch, die Objektivkorrekturen zu benutzen, die Lightroom mitbringt. Höchstwahrscheinlich kennt Lightroom euer Objektiv und das ist mit einem Klick erledigt. Je nach Objektiv kann es nämlich gerade in der Produktfotografie schon stark auffallen, wenn gerade Linien doch nicht so ganz gerade sind. Möglicherweise ist euch das vorher nie aufgefallen, wenn ihr andere Sachen mit dem gleichen Objektiv fotografiert habt. Ihr solltet auch von der Möglichkeit Gebrauch machen, die chromatischen Abberationen automatisch entfernen zu lassen, denn die hat man gerne mal wegen der harten Kontrastkanten zwischen hellem Untergrund und dunkleren Objekten.
Nachdem diese Arbeiten an der Basis abgeschlossen sind, ist das Ziel jetzt natürlich vollkommen unkenntlich zu machen, dass man die Bilder auf einem Tisch oder dem Fußboden gemacht hat. Dazu müsst ihr dieser Oberfläche sämtliche Strukturen entziehen, denn egal wie sehr ihr euch bemüht habt, man wird immer irgendwelche Verläufe, Reflektionen oder Unebenheiten sehen. Wenn ihr wie eingangs empfohlen einen weißen Untergrund gewählt habt, kann es unter Umständen dann schon reichen, wenn ihr in Lightroom oder Photoshop einfach das fast äußerste rechte Ende der Gradationskurve noch ein wenig nach oben zieht, bis das letzte Ende der "Kurve" am oberen Rand des Diagramms verläuft. Das lässt die weiße Oberfläche so sehr "ausbrennen", dass alles bis auf das Objekt rein weiß wird. Das ist zugegebenermaßen aber schon ein harter "quick and dirty"-Eingriff in das Billd und man kann das nur machen, wenn das Objekt selbst keine hellen Farben hat. Wenn ihr zwei Minuten mehr Zeit übrig habt: lieber in Lightroom den Korrekturpinsel nehmen, Belichtung anheben und damit über die Oberfläche und um das Objekt herum malen. Das verwandelt weiß in strahlend weiß:
Zum Schluss werden noch die kleinen Staub/Dreck-Partikel weggestempelt, den man nicht gesehen hat beim Fotografieren (die gibt es immer, egal wie sehr man aufgepasst hat), und fertig! Zum Abschluss noch ein paar Impressionen des Shootings. Mehr davon auf den Seiten der Bicycle Dudes!